Es geht mal wieder früh raus. Ich weiß mittlerweile gar nicht mehr, was ein normaler Schlafrythmus ist, aber es scheint trotzdem zu gehen. Tickets für Machu Picchu in der Tasche geht es also mit ein paar anderen Touristen sechs Stunden Richtung Hydroelectrica. Eine kleine Pinkel- und Esspause inkludiert. Im Nachhinein sind wir nicht so sicher, warum ausgerechnet die Death Road in Bolivien so bekannt geworden ist. Irgendwie ist hier jede Straße eine Death Road. Also Unterschied merken wir hier nicht. Keine Leitplanken, irrsinnige Autofahrer, zu schnell unterwegs und seitlich geht es mehrere Meter runter? Check. Bernhard schläft ja bei solchen Fahrten meistens – wie auch immer er das macht – und glaubt mir das meistens nicht. Mittlerweile wecke ich ihn dann aber oft schon auf, lasse mir ja nicht nachsagen, dass ich mir das einbilde.
Gegen Mittag kommen wir dann an und bekommen sogar ein gratis Mittagessen. Ein GRATIS Mittagessen. Ja über so Kleinigkeiten freut sich der Rucksacktourist! Und dann geht’s mal gemütlich los, etwa 2.5 Stunden den Bahngleisen entlang. Warum wir gehen fragt ihr euch? Können wir euch sagen: Die spinnen die Peruaner! Wir sind nicht gewillt, die Preise für den Peru Rail zu bezahlen, möge er noch so aussehen wie der Hogwarts Express. Und wir sind nicht die Einzigen, vor uns, hinter uns und auch entgegenkommend jede Menge Backpacker. Und wir dachten, wir sind originell. Naja, Geld gespart.
Unterwegs entdecke ich, dass die Kappe von unserer Kamera fehlt und Bernhard läuft nochmal einen Teil der Strecke zurück, aber wir können sie nicht finden. Naja, besser nur der Deckel, als das ganze Objektiv 😉 Irgendwas hat es aber mit diesem Objektiv. Wir geben die Suche auf und gehen weiter, bevor es zu spät wird. Es dämmert schon als wir gegen 17 Uhr endlich in Aguas Caliente ankommen. Wir beziehen unser Hostel, im Grunde gibt es hier eh nur eine wirkliche Hauptstraße, nämlich genau neben den Schienen, und nach dem Duschen machen wir uns auf Nahrungssuche. Und recht viel anstrengender kann damals das Mammutjagen auch nicht gewesen sein, denn wohin wir auch gehen, überall touristisches Essen, touristische Preise und naja eben jede Menge Touristen. Wir sind zu müde um uns selbst noch etwas zu kochen und finden schlussendlich ein kleines Lokal. Müde fallen wir ins Bett, um dann gefühlt alle Stunden von dem vorbeifahrenden Zug aufgeweckt zu werden. Wie ein Erdbeben das Ganze. Und ich als Eisenbahnerkind sollte sowas ja gewöhnt sein.
Und dann – ja, ihr werdet es nicht glauben – stehen wir mal wieder gegen vier Uhr morgens auf, wir wollen ja den Touristenscharen entgehen. Tja, die Idee hatten auch einige andere und als wir gegen 4.45 beim Tor ankommen, müssen wir schon Schlange stehen. Und Bernhard hat mich noch ausgelacht, als ich meinte, wir sollen vielleicht eine Viertelstunde früher dort sein. Die Brücke öffnet um 5 Uhr aber durch die ganzen Gleichgesinnten kommen wir erst später durch. Macht nichts, wir nehmen die Stufen etwas schneller als der Rest und können Zeit einsparen. Mitten in der Nacht etwa 10000 Stufen (sind es wirklich!) hinaufgehen, was könnte es schöneres geben. Wiedermal einer dieser Momente, in denen ich mich frage, warum ich nicht gerade an einem Strand liege, einen Cocktail in der Hand halte und Bernhard diesen Schmarren alleine machen lasse. Als ich dann auch noch ausrutsche und so fest aufkomme, dass nicht nur meine Wanderhose, sondern auch mein Knie nicht ohne Blessuren wegkommen scheint es wirklich nicht mein Tag zu sein. Und dann geht die Sonne auf, und man weiß, warum man sich das antut. Nach etwa 40 Minuten kommen wir oben an. Verschwitzt und fertig. Wenn man durch die Menge schaut, sieht man ganz genau, wer zu Fuß hier rauf ist und wer sich den ersten Bus gegönnt hat. Die Tore zu Machu Picchu öffnen pünktlich um 6 Uhr und wir können rein. Wir finden ein Plätzchen mit wenigen Touristen. Und auch in der Stätte selber verteilen sich die wenigen Frühaufsteher relativ gut, wir können den Sonnenaufgang hier in voller Pracht genießen und die typischen Tourifotos machen. Bernhard ist happy.
Wir streunen herum, gehen zur Inkabrücke und füllen unsere Speicherkarte bevor es dann gegen 9 weitergeht. La Montana, der Berg neben Machu Picchu, steht auf dem Programm. Und wieder geht es über eine Stunde lang über Stufen immer weiter hinaus. Die Sonne scheint und die teilweise sehr ausgesetzten Wege verlangen einem schon einiges ab. Endlich kommen wir oben an und… es zieht zu. Kein Machu Picchu weit und breit. Im Gegenteil, ich bin schon froh, dass ich Bernhard erkenne, und der sitzt nur etwa einen Meter von mir entfernt. Wir warten. Und warten. Immer wieder schreit jemand und meint, es kommt ein Wolkenloch, aber meistens stimmt es dann doch nicht. 5 Minuten noch, sagen wir,… Es werden 10 Minuten… und dann 30 Minuten. Wir wollen fast schon aufgeben, da kommt es doch, das Wolkenloch. Und es ist schon recht spektakulär, wie wir hier stehen, unter uns Machu Picchu. Man hat das Gefühl hier schon zigmal gewesen zu sein, soviele Bilder hat man schon davon gesehen, und trotzdem ist es beeindruckend.
Wir machen uns wieder auf den Weg nach unten, immerhin haben wir die eigentlichen Ruinen noch gar nicht besichtigt. Kaum sind wir unten klart es auf und die Sonne scheint wieder. Ich fühle mich schon etwas verarscht, aber man muss ja nehmen was man bekommt. Wir schlendern noch ein paar Stunden in den Ruinen herum. Da wir Montana Machu Picchu hinzugefügt haben, hätten wir die Rückfahrt am gleichen Tag sowieso nicht mehr geschafft und beschlossen, dass wir noch einen Tag in Aguas Caliente bleiben werden. Also kein Stress. Gegen drei Uhr nachmittags reicht es uns dann auch und nach dem obligatorischen Stempel für den Pass geht es mal wieder die Stiegen runter. Nach einer Dusche fühlen wir uns wieder wie neu und gehen erstmal essen. Diesmal sind wir schlau und gehen wieder auf den Markt. Außer uns sitzen hier nur Einheimische, aber genauso mögen wir das.
Am nächsten Tag können wir doch tatsächlich ausschlafen. Wir schlendern noch etwas durch Aguas Caliente und überlegen, ob wir zu den Thermalbädern gehen sollen- deshalb übrigens auch Aguas Caliente – entscheiden uns aber dagegen. Nach einem ausgiebigen Frühstück am Markt geht es dann gemütlich zurück nach Hydroelectrica, wieder entlang den Eisenbahnschienen. Der Objektivdeckel bleibt verschollen. Während Bernhard dann mitten im Dschungel gemeinsam mit unserem Busfahrer das Champions League Finale schaut (wodurch wir noch dazu etwas zu spät wegkommen), vertreibe ich mir die Zeit mit ein paar Hundebabies. Man muss Prioritäten haben. Auf die sechs Stunden Autofahrt könnten wir verzichten, aber muss ja sein. Unser jetziger Busfahrer glaubt übrigens er nimmt an der Ralley Dhakar teil, zumindest fährt er so. Am besten, einfach nicht runterschauen. Und in diesem Fall auch nicht nach vorne. Um 22 Uhr kommen wir wieder in Cusco an und beschließen, es am nächsten Tag mal locker anzugehen…
Statistik:
Verluste: Ein Objektivdeckel und eine Wanderhose (wieder repariert)
Muskelkater: Dank Crossfit und den vielen Stiegen einfach überall
Geld gespart: Jede Menge, Galapagos wir kommen (vielleicht…)
2 Kommentare
Ursula
June 17, 2017 at 15:19Ich beneide euch von Tag zu Tag mehr. So cool.
Karin Stanje
June 22, 2017 at 20:04Bin total begeistert,das Menschen in dieser Höhe so eine Siedlung ,mit einfachen Mitteln erbaut haben. Das müssen für euch beeindruckende Momente gewesen sein. ???
Passt weiterhin auf euch auf. ??